Eine stärkere Förderung mathematischer Bildung in der Breite, aber besonders auch an der Spitze, wäre dringend nötig. Denn das Aschenputtel-Fach ist eine der Schlüsseltechnologien geworden, auf denen unser heutiger Wohlstand beruht.
Von Prof. Dr. Christiane Tretter
Wer sich für Mathematik begeistert, muss sehr viel Ausdauer mitbringen. Nicht nur für das Fach, sondern auch darin, Vorurteile auszuhalten. Kaum eine andere Disziplin ist so mit negativen Klischees besetzt und gleichzeitig eine der wichtigsten Grundlagen unseres Lebensstandards. Mathematiker gelten als unattraktiv, verschroben, unsportlich, weltfremd,
− und sie sind natürlich männlich.
In allen gesellschaftlichen Schichten ist es akzeptiert, mit seiner Schwäche in Mathematik zu kokettieren − und das, obwohl in unserem Alltag ohne Mathematik tatsächlich nichts mehr geht: GPS im Auto, Suchmaschinen im Internet, Computertomographie in der Medizin, Pin Codes für Kreditkarten, Musikstreaming aus dem Netz, alles beruht im Kern auf mathematischen Ideen oder Algorithmen. Es wäre also im Interesse unserer Gesellschaft und jedes Einzelnen von uns, hochbegabte junge Menschen zu unterstützen und zu fördern. Ich könnte mir kaum eine zukunftsträchtigere Investition von staatlichen Mitteln vorstellen.
Die Begeisterung für Mathematik gemeinsam mit anderen zu erleben, dafür bieten Wissenschafts-Olympiaden eine fantastische Gelegenheit. Gleichzeitig zeigen sie noch einen anderen unbekannten Aspekt der Mathematik: Sie ist ein Fach des sozialen Aufstiegs, bei dem es keine Rolle spielt, welche Eltern, welche Nationalität oder welches Geschlecht man hat. Denn über die Richtigkeit der Lösung eines mathematischen Problems entscheidet einzig objektive Logik und nicht subjektive Meinungen.
Zur Autorin:
Prof. Dr. Christiane Tretter ist geschäftsführende Institutsdirektorin des Mathematischen Institutes der Universität Bern. Sie war Gastreferentin am Olympiads Day 2016.